Europäischer
Haftbefehl - 2 BvR 2236/04
Niedersächsisches
Abhörgesetz -
Gleich
zweimal innerhalb von wenigen Tagen erteilte das
Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber eine
deutliche Abfuhr.
Es
scheint, als würde das Bundesverfassungsgericht
vermehrt immer öfter zum Messinstrument, dass
geplante oder aktive Gesetzgebung auf die
Vereinbarkeit mit Rechtstaatlichkeit und
Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz überprüfen
muss.
Im
Falle des Europäischen Haftbefehls erkannte das
Bundesverfassungsgericht im deutschen
"Umsetzungsgesetz über den Europäischen
Haftbefehl" einen Verstoss gegen das
deutsche Grundgesetz.
Das
Gericht erkannte Mängel darin, wie der
europäische Beschluss in Deutschland umgesetzt
worden war.
Alte
geübte Rechtspraxis war es, dass ein Deutscher
ans Ausland nicht ausgeliefert werden durfte,
wenn seine Tat in Deutschland nicht strafbar
war.
Mit
Einführung des europäischen Haftbefehls
entfiel diese Prüfung auf inländische
Strafrelevanz. Deutsche Staatsbürger wurden
auch ausgeliefert, wenn die ihnen zur Last
gelegte Straftat in Deutschland nicht strafbar
war.
Das
Gericht vertrat die Ansicht, dass der deutsche
Gesetzgeber seine Entscheidungsspielräume nicht
genug ausgeschöpft habe, um so eine dem Artikel
16 Absatz 2 Grundgesetz (Auslieferungsfreiheit)
adäquate Gesetzesformulierung zu finden.
Weiterhin
führte das Bundesverfassungsgericht aus, das
Europäische Haftbefehlsgesetz kollidiere mit
der (im Grundgesetz garantierten)
Rechtsweggarantie, weil die
Auslieferungsentscheidung nicht angefochten
werden könne. Solange der Artikel 16/2/2
Grundgesetz in seiner jetzigen Form als Recht
gelte, sei eine Auslieferung eines Deutschen
nicht möglich.
Einen
schlechten Beigeschmack im Vorfeld hinterliess
die Stimmungsmache der Bundesjustizministern,
die über die Presse verlauten liess,
Deutschland stünde in der EU isoliert da, wenn
das Bundenverfassungsgericht sich gegen die
deutsche Umsetzung aussprechen würde. Von
Vielen wurde dies als Einmischung und Versuch
verstanden, auf das Gericht politischen Druck
auszuüben
...............................................
Auch
im Falle des Niedersächsisches Abhörgesetz erteilte
das Bundesverfassungsgericht all denen eine
Abfuhr, die glauben, dass man nie genug wissen
kann. Kläger (Beschwerdeführer) war ein
Richter, dem die geplante Gesetzgebung doch
etwas zu weit ging.
Der
niedersächsische Entwurf stellte so etwas wie
einen "Freifahrtsschein" fürs
Abhören dar.
So
sollte z. B. die Polizei eigenverantwortlich
darüber entscheiden, wann und wer abgehört
wird. Diese Entscheidungsfreiheit sollte sich
an Gummiformulierungen wie - Tatsachen, welche die Annahme rechtfertigen, dass
jemand Straftaten von erheblicher Bedeutung
begehen wird - orientieren. Grünes Licht also
schon aufgrund lediglich einer Vermutung,
Behauptung oder
Fehleinschätzung?
Auch
Personen im Umfeld einer solchen Person sollten
abgehört werden können. Es hätte schon
genügt Kotakt mit einer Person zu haben, von
der die Polizei vermutet, dass sie ein
Verbrechen planen und begehen könnte.
Wenn
es um organisierte Kriminalität oder
Terrorismus geht, darf die Polizei sowieso schon
lange mit- und abhören. Es bleibt die Frage
nach dem Sinn des niedersächsischen Entwurfs.
Auch
darf vermutet werden, dass viele Kopien des
niedersächsischen Entwurfs in vielen
Schreibtischen anderer Bundesländer darauf
warteten ans Licht geholt zu werden.
Die
Richter des Bundesverfassungsgericht meldeten
sich ungewöhnlich lautstark zu Wort und
stellten klar, dass Grundrechte Grundrechte sind
und auch keinesfalls auf dem Altar der
"vorbeugenden Verbrechensbekämpfung"
geopfert werden dürfen.
Für
die Telefonüberwachung stellten sie klar, dass
das Mithören dort aufzuhören hat, wo
Gespräche die Kernbereiche privaten Lebens
betreffen.
Auch
sah sich das Bundesverfassungsgericht
genötigt unter Bezugnahme auf das
grundgesetzlich verankerte Fernmeldegeheimnis
hinzuweisen und klarzustellen, dass auch
Selbstverständlichkeiten wie der eMailverkehr,
die Verbindungsdaten und die Standortermittlung
via Handy zu den Kernbereichen privaten Lebens
gehören, die es zu schützen gilt.
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