Mehr
Geld zurück bei vorzeitiger Auflösung der Lebensversicherungen, der
Kapitallebensversicherung!
Zum zweiten Mal erklärte der Bundesgerichtshof die
Bedingungen der Lebensversicherungen für rechtlich unwirksam, weil sie die Kunden bei
vorzeitiger Kündigung der Versicherung unangemessen benachteiligten.
Auch lieferte der Bundesgerichtshof
gleich eine Definition mit, die als Anleitung für die Zukunft gelten soll.
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Immer
wieder gab es bei Besitzern von
Kapitallebensversicherungen, die jahrelang die
Prämien bezahlt hatten, lange Gesichter, wenn
sie Verträge vorzeitig kündigten. Der
Rückkaufwert war oft zu grossen Teilen
"aufgefressen".
Schon
2001 hatte der Bundesgerichtshof die Klauseln
zum Rückkaufwert der Versicherungen für nicht
zulässig erklärt, weil es ihnen an der
erforderlichen Transparenz mangelte. Die
Versicherungsgesellschaften änderten daraufhin
die Klauseln rückwirkend durch sinngemäss
gleichlautende Klauseln und weigerten sich ihren
Kunden bei Kündigungen, z. B. die
Abschlusskosten etc auszuzahlen.
Der
Bundesgerichtshof entschied nun, dass die
geänderten Klauseln ebenfalls unzulässig
seien. Er sprach davon, dass Verbraucher
unangemessen benachteiligt würden. Die Kunden
könnten aus den Verträgen nicht schliessen,
dass sie bei Kündigung der Verträge oder
Freistellung der Versicherungsverträge hohe
Verluste erleiden und dies vor allem in der
ersten Versicherungsjahren.
Betroffen
sind Millionen von Verträgen, die zwischen 1994
und 2001 geschlossen wurden. Für Verträge die
nach 2001 geschlossen wurden laufen weitere
gerichtliche Verfahren, sodass zu erwarten ist,
dass sich diese Entscheidung des BGH auch auf
diese Verträge auswirken wird.
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Lt.
Aussage des BGH dürfe der Rückkaufwert einer
Lebensversicherung keinesfalls "Null"
sein und so legte der Bundesgerichtshof den
Versicherung eine Berechnungsformel nach seinem
Verständnis nahe.
Sehen
Sie hierzu die Pressemitteilung Nr. 138 des BGH
v. 12.10.2005
Bundesgerichtshof
entscheidet über Ersetzung unwirksamer
Klauseln
in den Allgemeinen Bedingungen der kapital-
bildenden
Lebensversicherung im Treuhänder-
verfahren
nach § 172 VVG
Der
Bundesgerichtshof (BGH) erklärte durch zwei
Urteile vom 9. Mai 2001 (BGHZ 147, 354 und 373)
auf eine Verbandsklage des Bundes der
Versicherten Klauseln in Allgemeinen Bedingungen
für die kapitalbildende Lebensversicherung
wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot für
unwirksam. Es handelte sich um Klauseln über
die Berechnung der beitragsfreien
Versicherungssumme und des Rückkaufswerts, die
Verrechnung von Abschlusskosten und einen
Stornoabzug. Der BGH sah die im
Transparenzmangel liegende unangemessene
Benachteiligung darin, dass den
Versicherungsnehmern die mit der
Beitragsfreistellung und der Kündigung
insbesondere in den ersten Jahren verbundenen
erheblichen wirtschaftlichen Nachteile nicht
deutlich gemacht werden. Sie liegen darin, dass
wegen der zunächst vollen Verrechnung der
Sparanteile der Prämien mit den im Wesentlichen
aus der Vermittlungsprovision bestehenden
einmaligen Abschlusskosten ("Zillmerung")
in den ersten Jahren keine oder allenfalls
geringe Beträge zur Bildung einer
beitragsfreien Versicherungssumme oder eines
Rückkaufswerts vorhanden sind.
Die
von den Urteilen unmittelbar betroffenen
Lebensversicherer ersetzten die für unwirksam
erklärten Klauseln mit Zustimmung eines
Treuhänders nach § 172 Abs. 2 i.V. mit Abs. 1
des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) durch
inhaltsgleiche, ihrer Meinung nach nunmehr
transparent formulierte Klauseln. § 172 VVG
wurde im Zuge der europarechtlich gebotenen
Deregulierung des Versicherungsmarkts im Jahre
1994 in das Versicherungsvertragsgesetz
eingefügt. Andere
Lebensversicherungsunternehmen, deren Allgemeine
Bedingungen gleichartige Klauseln enthielten,
gingen ebenso vor. Insgesamt dürften davon 10
bis 15 Millionen Verträge betroffen sein, die
zwischen Ende Juli 1994 und Mitte 2001
abgeschlossen worden sind.
Zahlreiche
Versicherungsnehmer haben die Urteile vom 9. Mai
2001 zum Anlass genommen, ihre
Lebensversicherung zu kündigen und im Wege der
Stufenklage den Rückkaufswert ohne Verrechnung
mit Abschlusskosten und ohne Stornoabzug geltend
zu machen. Sie sind unter anderem der Ansicht,
das Verfahren der Klauselersetzung nach § 172
VVG sei nur auf reine Risikoversicherungen
gemäß § 172 Abs. 1 VVG anwendbar, nicht
jedoch auf die kapitalbildende
Lebensversicherung. Jedenfalls komme eine
Klauselersetzung bei bereits gekündigten
Verträgen nicht mehr in Betracht. Keinesfalls
sei es zulässig, eine wegen Intransparenz für
unwirksam erklärte Klausel durch eine
inhaltsgleiche zu ersetzen. Diese Fragen sind in
Literatur und Rechtsprechung umstritten.
Der
Bundesgerichtshof hat über die Revision gegen
drei landgerichtliche Berufungsurteile
entschieden. Das Landgericht Hannover (VersR
2003, 1289) hat den beklagten Versicherer
verurteilt, dem Versicherungsnehmer über die
Höhe des Rückkaufswerts ohne Berücksichtigung
von Abschlusskosten und ohne Stornoabzug
Auskunft zu erteilen. Das Landgericht Aachen (VersR
2003, 1022) hat die Klage der
Versicherungsnehmerin abgewiesen. Das
Landgericht Hildesheim hat den beklagten
Versicherer verurteilt, der
Versicherungsnehmerin Auskunft über die Höhe
des Rückkaufswerts ohne Berücksichtigung von
Abschlusskosten zu erteilen. Seiner Ansicht nach
ist es interessengerecht, die Abschlusskosten
wie bei der "Riester-Rente" auf einen
längeren Zeitraum zu verteilen (nach § 1 Abs.
1 Satz 1 Nr. 8 AltZertG in der bis zum 31.
Dezember 2004 geltenden Fassung mindestens 10
Jahre; so schon dieselbe Kammer des Landgerichts
Hildesheim in einem anderen Urteil, VersR 2003,
1290). Die Landgerichte haben die Revision
zugelassen.
Der
Bundesgerichtshof hat die Urteile der
Landgerichte aufgehoben und wie folgt
entschieden:
1.
§
172 Abs. 2 VVG ist auch auf die kapitalbildende
Lebensversicherung anwendbar und nicht nur auf
die Risikoversicherungen im Sinne von § 172
Abs. 1 VVG. Das Gesetz gibt den
Lebensversicherungsunternehmen das Recht, bei
allen Arten der Lebensversicherung ohne
Zustimmung der Versicherungsnehmer unwirksame
Bestimmungen in den Versicherungsbedingungen mit
Zustimmung eines unabhängigen Treuhänders
durch neue Bestimmungen zu ersetzen, wenn zur
Fortführung des Vertrages dessen Ergänzung
notwendig ist. Die damit verbundene
Einschränkung der durch das Grundgesetz
gewährleisteten Vertragsfreiheit der
Versicherungsnehmer ist nicht verfassungswidrig.
Sie ist im Interesse der Rechtssicherheit und
der nach § 11 Abs. 2 des
Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) gebotenen
Gleichbehandlung aller Versicherungsnehmer
sachlich notwendig.
2.
Die
verfassungsrechtlich geschützten Interessen
derjenigen, die von der gesetzlichen
Einschränkung der Vertragsfreiheit betroffen
sind, müssen jedoch hinreichend gewahrt werden.
In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist dies
dadurch sichergestellt, dass die neuen Klauseln
sowohl im Individualprozess als auch im
Verbandsprozess der uneingeschränkten
richterlichen Inhaltskontrolle unterliegen.
Materiell ist dem Schutzbedürfnis der
Versicherungsnehmer durch eine die
Voraussetzungen und Wirkungen des § 172 Abs. 2
VVG präzisierende und einschränkende Auslegung
Rechnung zu tragen.
Die
Ergänzung ist im Sinne von § 172 Abs. 2 VVG
zur Fortführung des Vertrages notwendig, wenn
durch die Unwirksamkeit der Bestimmung in den
Versicherungsbedingungen eine Regelungslücke im
Vertrag entsteht. Das ist der Fall, wenn die
Unwirksamkeit die Leistungspflichten der
Parteien betrifft. Da die Unwirksamkeit einer
Klausel dazu führt, dass der Vertrag von Anfang
an lückenhaft war, wirkt die lückenfüllende
Vertragsergänzung auf den Zeitpunkt des
Vertragsabschlusses zurück. § 172 Abs. 2 VVG
erfasst deshalb auch gekündigte und
beitragsfrei gestellte Verträge.
3.
Die
von den beklagten Versicherungsunternehmen mit
Zustimmung eines Treuhänders vorgenommene
Ersetzung der unwirksamen Klauseln durch (ihrer
Meinung nach) transparent formulierte
inhaltsgleiche Bestimmungen ist unwirksam.
a)
Für
die unwirksame Vereinbarung von Abzügen bei
Beitragsfreistellung und Kündigung
(Stornoabzug) gibt es eine Regelung im Gesetz.
Nach §§ 174 Abs. 4, 176 Abs. 4 VVG ist der
Versicherer zu einem Abzug nur berechtigt, wenn
er vereinbart ist. Ist die Vereinbarung wie hier
unwirksam, besteht kein Anspruch auf einen
Abzug.
b)
Die
inhaltsgleiche Ersetzung der unwirksamen
Klauseln über die Berechnung der beitragsfreien
Versicherungssumme und des Rückkaufswerts bei
Kündigung und über die Verrechnung der
Abschlusskosten unterläuft die gesetzliche
Sanktion der Unwirksamkeit nach § 9 Abs. 1 AGBG,
jetzt § 307 Abs. 1 BGB und ist schon deshalb
mit den Grundsätzen der ergänzenden
Vertragsauslegung nicht zu vereinbaren. Bei
inhaltsgleicher Ersetzung blieben der Verstoß
gegen das Transparenzgebot folgenlos und die
wegen Intransparenz unwirksamen Klauseln mit den
verdeckten Nachteilen bei Kündigung und
Beitragsfreistellung für den
Versicherungsnehmer letztlich doch verbindlich.
4.
Da
die Vertragsergänzung nach § 172 Abs. 2 VVG
gescheitert ist, hatte der Senat im Wege der
richterlichen ergänzenden Vertragsauslegung zu
entscheiden, ob und auf welche Art die
einmaligen Abschlusskosten mit den Beiträgen zu
verrechnen sind. Die danach vorzunehmende
Interessenabwägung führt zu folgendem
Ergebnis: Bei vorzeitiger Beendigung der
Beitragszahlung bleibt jedenfalls die
versprochene Leistung geschuldet; der
vereinbarte Betrag der beitragsfreien
Versicherungssumme und des Rückkaufswerts darf
aber einen Mindestbetrag nicht unterschreiten.
Dieser Mindestbetrag wird bestimmt durch die
Hälfte des mit den Rechnungsgrundlagen der
Prämienkalkulation berechneten ungezillmerten
Deckungskapitals. Bereits erworbene Ansprüche
aus einer vereinbarten Überschussbeteiligung
werden dadurch nicht erhöht.
IV
ZR 162/03 - Amtsgericht Hannover –
Entscheidung vom 12.112002 - 525 C 5344/02 ./.
Landgericht Hannover – Entscheidung vom
12.6.2003 - 19 S 108/02
IV
ZR 177/03 - Amtsgericht Düren – Entscheidung
vom 30.102002 - 45 C 214/02 ./. Landgericht
Aachen – Entscheidung vom 10.7.2003 - 2 S
367/02
IV
ZR 245/03 - Amtsgericht Hildesheim –
Entscheidung vom 28.42003 - 49 C 123/02 ./.
Landgericht Hildesheim – Entscheidung vom
16.10.2003 - 1 S 54/03
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